Eine Botschaft des Oberbefehlshabers der britischen Kampfflugzeuge an das deutsche VolkNoch nie hat der Mann, der die Bombenangriffe auf ein Land leitet, eine Botschaft an die Bevölkerung dieses Landes gerichtet.Ich, Luftmarschall Harris, Oberbefehlshaber des britischen Kampfflugzeuge, die Deutschland angreifen, habe mich entschlossen, diese Botschaft an das deutsche Volk zu richten. Wir in England haben zur Genüge erfahren, was Luftangriffe bedeuten. Zehn Monate hindurch hat uns eure Luftwaffe mit Bomben belegt. Zuerst bei Tage. Als wir das abgestellt hatten, kam sie bei Nacht. Ihr hattet damals eine starke Luftwaffe. Eure Flieger schlugen sich gut. Zweiundneunzig Nächte hintereinander haben sie London gebombt; Coventry, Plymouth, Liverpool und andere britische Städte haben sie schwer angegriffen. Der Schaden, den sie anrichteten, war beträchtlich; 43.000 britische Männer, Frauen und Kinder sind dabei ums Leben gekommen; viele historische Bauten, die uns lieb und teuer werden, sind zerstört. Damals glaubtet ihr, -- denn Göring hatte es euch versprochen -- dass ihr selber vor Bomben sicher seid. Und tatsächlich konnten wir nur mit wenigen Flugzeugen antworten. Jetzt sind die Rollen vertauscht. Jetzt kommen nur ab und zu ein paar deutsche Maschinen zu uns; und wir bomben Deutschland nach Noten. Warum wir das tun? Nicht aus Rachsucht -- obwohl wir Warschau, Rotterdam, Belgrad, London, Plymouth, Coventry nicht vergessen. Wir bomben Deutschland, eine Stadt nach der andern, immer schwerer, um euch die Fortführung des Krieges unmöglich zu machen. Das ist unser Ziel. Wir werden es unerbittlich verfolgen. Stadt für Stadt: Lübeck, Rostock, Köln, Emden, Bremen, Wilhelmshaven, Duisburg, Hamburg -- und die Liste wird immer länger. Lasst euch von den Nazis mit ins Verderben reissen, wenn ihr wollt. Das ist eure Sache. * * * Ist das Wetter gut, dann kommen wir bei Nacht. Schon jetzt fliegen tausend Bomber eine Stadt wie Köln an und zerstören innerhalb einer Stunde ein Drittel von ihr. Wir wissen das, denn wir haben die Luftaufnahmen. Ist der Himmel bewölkt, so kommen wir bei Tag und bomben eure Fabriken und Docks; Danzig, so weit entfernt es auch is, weiss Bescheid. Wir kommen bei Tag und bei Nacht; kein Teil des Reiches is sicher. In Köln, im Ruhrgebiet, in Rostock, Lübeck oder Emdem mag man der ansicht sein, dass wir mit unsern Bombern schon allerhand geleistet haben. Wir sind anderer Ansicht. Was ihr bisher erlebt habt, wird nicht zu vergleichen sein mit dem was kommt, sobald unswere Production vom Bombenflugzeugen erst zu einem Strom anschwillt und die amerikanische sich verdoppelt und vervierfacht. Ich möchte ganz offen darüber sprechen, ob wir einzelne militärische Ziele angreifen oder ganze Städte. Selbstverständlich bomben wir lieber eure Fabriken, Docks und Eisenbahnen; das trifft Hitlers Kriegmaschine am schwersten. Aber die Arbeiter, die in diesen Werken beschäftigt sind, wohnen dicht um sie herum. Deshalb fallen unsere Bomben auf eure Wohnhäuser und -- auf euch. Wir bedauern, dass das notwendig ist. Die Arbeiter des Dieselmotorenwerks Humboldt-Deutz in Köln z. B. von denen eine Anzahl in der Nacht des 30. Mai umkam, mussten die Gefahren des totalen Krieges auf sich nehmen, genau wie die Seeleute unserer Handelsflotte, gegen welche die (mit Motoren von Humboldt-Deutz ausgerüsteten) U-Boote ihre Torpedos abgefeuert hätten. Waren die Arbeiter der Flugzeugwerke von Coventry, ihre Frauen, ihre Kinder nicht auch "Zivilbevölkerung" ganz wie die Arbeiter der Rostocker Flugzeugwerke und deren Familien? Aber Hitler hat es so gewollt! * * * Es stimmt, dass eure Abwehr unseren Bombern Verluste zufügt. Eure Führer erzählen euch zu eurem Trost, diese Verluste seien so schwer, dass wir unsere Luftangriffe bald nicht mehr würden fortsetzen können. Wer das glaubt, wird bitter enttäuscht werden. Ich, der die britische Kampfflugzeuge befehligt, will euch sagen, wie gross unsere Verluste sind: nicht einmal 5 v. H. der Bomber, die wir über Deutschland schicken, gehen verloren. Eine solche Verlustrate kann kaum den ständigen Zuwachs verzögern, der durch die steigende Produktion unserer eigenen und der amerikanischen Fabriken sichergestellt ist. * * * Amerika greift erst jetzt in Europa ein. Die ersten Geschwader, Vorläufer einer ganzen Luftflotte, sind aus U.S.A. in England Eingetroffen. Ist es euch klar, was es bedeutet, wenn die auch auch Deutschland angreifen? Allein aus einem einzigen Betrieb, den neuen Fordwerken in Willow Run, Detroit, rollt schon jetzt alle zwei Stunden ein neuer viermotoriger Bomber heraus, der vier Tonnen Bomben nach jeder deutschen Stadt tragen kann. Auch eure U-Boote können die amerikanischen Bomber nicht am Herüberkommen verhindern; denn die fliegen über den Atlantik. Bald werden wir jeden Tag und jede Nacht erscheinen, bei Regen, Sturm, und Schnee -- wir und die Amerikaner. Ich war gerade acht Monate drüben, und so weiss ich genau, was beforsteht. Wenn ihr uns dazu zwingt, werden wir das Dritte Reich von einem Ende zum andern heimsuchen. Ihr könnt uns nicht hindern, und ihr wisst das. *** Ihr habt keine Chance. Ihr habt uns 1940 nicht schlagen können, als wir waffenlos und allein standen. Eure Führer waren dann so verrückt, auch noch Russland und Amerika anzugreifen (aber eure Führer SIND eben verrückt -- das weiss die ganze Welt, ausser Italien). Wie könnt ihr jetzt auf einen Sieg hoffen, da wir, mit Russland und Amerika, immer stärker werden, während euch die Kraft mehr und mehr ausgeht? Nein, ihr habt keine Chance. * * * VERGESST Eines nicht: wie weit eure Armeen auch vormarschieren, sie können nie bis nach England kommen. Sie konnten schon nicht herkommen, als wir waffenlos waren. Sie können siegen, soviel sie wollen, -- den Luftkrieg müsst ihr dann immer noch mit uns und den Amerikanern ausfechten. Den könnt ihr nie gewinnen -- aber wir gewinnen ihn bereits. Nun noch ein letztes Wort: Es steht bei euch, mit Krieg und Bomberei Schluss zu machen. Stürzt die Nazis, und ihr habt Frieden! Es is nicht wahr, dass wir einen Rachefrieden planen. Das ist eine deutsche Propagandalüge. Aber wir werden es ganz gewiss jeder deutschen Regierung unmöglich machen, noch einmal einen totalen Krieg anzufangen. Is das nicht ebenso euer Interesse wie das unsere?
A.T. Harris |
A message from the commander-in-chief of the British combat aircraft to the German peopleNo one directing the bombing of a country has ever sent a message to the people of that country.I, Air Marshal Harris, Commander-in-Chief of the British military aircraft attacking Germany, have decided to send this message to the German people. We in England have learned full well what air strikes mean. Your air force bombed us for ten months. First by day. When we stopped that, you came at night. You had a strong air force back then. Your planes did well. They bombed London for ninety-two nights in a row; Coventry, Plymouth, Liverpool and other British cities. You attacked them severely. The damage you did was considerable; 43,000 British men, women and children were killed; many historical buildings that we love and treasure were destroyed. At that time you believed — because Goering had promised you — that you yourself would be safe from bombs. And in fact, we could only answer with a few planes. The roles are now reversed. Now only a few German machines come after us and we bomb Germany routinely as necessary. Why do we do that? Not out of vengeance — although we can't forget Warsaw, Rotterdam, Belgrade, London, Plymouth, Coventry. We are bombing Germany, city after city, more and more heavily to make it impossible for you to continue the war. That is our goal. We will pursue it relentlessly. City by city: Lübeck, Rostock, Cologne, Emden, Bremen, Wilhelmshaven, Duisburg, Hamburg — and the list is getting longer and longer. Let the Nazis bring you to ruin if you want. That's up to you. * * * If the weather is good, we come at night. A thousand bombers are already flying to a city like Cologne and destroying a third of it within an hour. We know that because we have the aerial photos. If the sky is cloudy, we come by day and bomb your factories and docks; Gdansk knows, as far as it is from England. We come by day and night; no part of the empire is safe. In Cologne, in the Ruhr area, in Rostock, Lübeck or Emdem you might think that we have already done a lot with our bombers. We disagree. What you have experienced so far will not be comparable to what comes as soon as our production of bombers swells to a landslide and American production doubles and quadruples. I would like to speak very openly about whether we are attacking individual military targets or entire cities. Of course, we'd prefer to bomb only your factories, docks, and railroads where Hitler's war machine is hardest hit. But the workers who work in these factories live close to them. That is why our bombs fall on your houses and — on you. We regret that this is necessary. The workers of the diesel engine plant Humboldt-Deutz in Cologne, for example, a number of whom perished on the night of May 30 had to face the dangers of total war, just like the sailors in our merchant fleet against whom your U-boats (equipped with Humboldt-Deutz engines) fired their torpedoes. Were the workers at the Coventry aircraft factories, their wives and their children not just "civilians" like the workers in the Rostock aircraft factories and their families? They were, but Hitler wanted it that way! * * * It is true that your defenses inflict losses on our bombers. Your leaders tell you for your consolation that these losses are so severe that we will soon be unable to continue our air strikes. Anyone who believes this will be bitterly disappointed. I, who command the British war planes, want to tell you how big our losses really are: not even 5% of the bombers we send over Germany are lost. Such a loss rate can hardly delay the steady growth that is ensured by the increasing production of our own and the American factories. * * * America is only now intervening in Europe. The first squadrons, forerunners of an entire air fleet, have arrived in England from the USA. Do you realize what it means if they also attack Germany? A new four-engine bomber that can carry four tons of bombs to every German city is already rolling out of a single operation, the new Ford plants in Willow Run, Detroit, every two hours. Not even your U-boats can prevent the American bombers from coming over because they fly over the Atlantic. Soon we will appear every day and night, rain, storm, and snow — we and the Americans. I was over there just eight months ago, so I know exactly what lies ahead. If you force us to do this, we will strike the Third Reich from one end to the other. You cannot stop us and you know it. *** You have no chance. You couldn't beat us in 1940 when we were alone and unarmed. Your leaders were so crazy to attack Russia and America (but your leaders ARE crazy — the whole world knows, except Italy). How can you hope for a win now that we are getting stronger with Russia and America while you are running out of strength? No, you have no chance. * * * Don't forget one thing: however far your armies advance, they can never get to England. They couldn't come here when we were unarmed. They can conquer as much as they want but they still have to fight the air war with us and the Americans. You can never win it — but we are already winning it. One last word: It's up to you to end war and the bombing. Overthrow the Nazis and you have peace! It is not true that we are planning a vengeful peace; that is a German propaganda lie. But we will certainly make it impossible for any German government to start a total war again. Isn't that just as much your interest as ours?
AT Harris |